Belletristik,  Rezension

Zugvögel – Charlotte McCongaghy

Vögel nehmen in meinem Leben eine große Rolle ein: Ich liebe es sie zu beobachten, mich über sie weiterzubilden und freue mich über jede neue Vogelart, die ansässig wird oder deren Population zu steigen scheint. Daher kann ich die Emotionen der Protagonistin in „Zugvögel“ sehr gut nachempfinden. Mehr dazu in meiner Rezension – so viel vorab: ich mochte es. Sehr sogar!


Titel: Zugvögel
Autorin: Charlotte McConaghy
Übersetzerin: Tanja Handels
Verlag: S. Fischer
Seiten: 400
Preis: Hardcover (22€), E-Book (18,99€)


Zum Inhalt

Auf der Suche nach Erlösung folgt eine junge Frau den letzten Küstenseeschwalben in die Antarktis
Franny hat ihr ganzes Leben am Meer verbracht, die wilden Strömungen und gefiederten Gefährten den Menschen vorgezogen. Als die Vögel zu verschwinden beginnen, beschließt die Ornithologin den letzten Küstenseeschwalben zu folgen. Inmitten der exzentrischen Crew eines der letzten Fischerboote macht sie sich auf den Weg in die Antarktis. Schutzlos ist die junge Frau den Naturgewalten des Atlantiks ausgeliefert, allein die Vögel sind ihr Kompass. Doch wohin die Tiere sie auch führen, vor ihrer Vergangenheit kann Franny nicht fliehen. Ihr folgt das Geheimnis eines Verbrechens, die Geschichte einer außergewöhnlichen Liebe. Und schon bald entwickelt sich die Reise zu einem lebensbedrohlichen Abenteuer.

Meine Meinung

Auch wenn man sich so gar nicht für Ornithologie begeistern kann, könnte „Zugvögel“ trotzdem das richtige Buch für euch sein, denn McConaghy erschafft eine Welt, auf die sich unsere gerade sehr zielstrebig zubewegt. Eine Welt ohne wilde Tiere und einen weit fortgeschrittenen Klimawandel. Es steht zwar im Raum, dass die Fischerei verboten werden soll, doch Franny möchte die Gunst der Stunde nutzen und mit eben solch einem Fischerboot den Küstenseeschwalben einmal um den Erdball folgen. Ihr Ziel: Die Flugroute der Vögel herausfinden und schauen, ob sie es weiterhin bis zur Antarktis schaffen. Was so schon als immenses Unterfangen erscheint, wird durch die privaten Probleme, die Franny mit aufs Boot nimmt, noch einmal verstärkt.

Das mit Frannys Geschichte etwas nicht stimmen kann, wird einem als Leser*in recht schnell klar – was aber genau dahintersteckt, erfahren wir erst im Laufe des Buches, wodurch einige Aha- und Oh-Momente verursacht werden, denn „Zugvögel“ besteht aus mehreren Handlungssträngen: Franny Anfang 20, als sie ihren Mann kennenlernt; einige Jahre später im Gefängnis und auf dem Fischerboot den Küstenseeschwalben folgend. Als Protagonistin hat mir Franny besonders gefallen, denn trotz ihrer Ecken und Kanten war sie für mich eine Person, in die ich mich hinein fühlen konnte und deren Weltschmerz greifbar war, sodass dem Buch eine gewisse emotionale Tiefe ermöglicht wurde.
Aber nicht nur Frannys Charakterzüge konnte überzeugen, sondern auch die restliche Crew und auf eine gewisse Art und Weise Frannys Mann – alle auf ihre eigene Weise ganz außergewöhnliche Charaktere, die durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden zu sein scheinen. Trotz der zum Teil ausweglosen Situationen halten sie als Gruppe zusammen und es entstehen Freundschaften, mit denen man zu Beginn des Buches nicht unbedingt gerechnet hätte.

Abseits von McConaghys Schreibstil und ihren Charakterentwicklungen hat mir besonders der Naturaspekt gefallen. Dadurch, dass sie uns einen Blick in die Zukunft gewehrt, zeigt sie uns gleichzeitig auch, was passieren kann, wenn wir nicht endlich aktiv etwas gegen die Zerstörung der Erde tun. Dieser Teil des Buches hat mich etwas an Maja Lundes Umweltromane erinnert, denn beide Autorinnen stellen eine Zukunft dar, in der die Natur, wie wir sie kennen, nicht mehr vorhanden ist. Ein Grund, warum mich folgende Zeilen der Danksagung kurz innehalten ließen:

Und schließlich möchte ich den wilden Geschöpfen dieser Welt mein Dank aussprechen und sagen, dass ich dieses Buch für euch geschrieben habe, aus der Trauer und dem Bedauern über all die von euch, die bereits vernichtet wurden, und aus der Liebe zu denen, die noch da sind. Ich hoffe aus tiefstem Herzen, dass es eine Welt ohne Tiere, wie sie in Zugvögel dargestellt wird, niemals geben wird.

S. 399

Für mich persönlich war „Zugvögel“ ein sehr emotionales Buch, dass mich regelrecht in seinen Bann gezogen hat. Zwar hatte ich anfangs einige Probleme in die Handlung hineinzukommen und habe nach wenigen Seiten und einigen Tagen Pause noch einmal von vorne angefangen, aber letztendlich wurde ich mit einem spannenden und mitreißenden Plot belohnt. Für mich definitiv ein Highlight – wenn nicht sogar ein Jahreshighlight.

Eure Isa.

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