Leseempfehlungen,  Leseperle

Jahreshighlights 2020 – Was ein Jahr

2020 war das reinste Jahr der Höhen und Tiefen. Nicht nur privat und weltpolitisch, sondern auch lesetechnisch. Ich bin froh, dass 2020 endlich zu Ende ist – auch wenn es sich rückblickend recht kurz angefühlt hat (hätte ich im März auch nicht gedacht, dass ich mal sowas sage). Gleichzeitig habe ich aber auch Angst/Respekt davor, was 2021 bringt: Corona wird uns wohl noch ein wenig länger begleiten und gleichzeitig rücken die Zukunftsängste immer weiter in den gedanklichen Fokus. Ich werde bald mein Studium beenden und dann? Die Kultur liegt brach, viele Unternehmen sind weiterhin in Kurzarbeit – da fragt man sich schon, wie es weitergeht und ob man so schnell einen Job finden wird. Aber damit möchte ich mich erst ab morgen beschäftigen.
Heute soll es noch einmal abschließend um 2020 gehen:

Meine Jahreshighlights

2020 habe ich insgesamt 63 Bücher und fast 20.000 Seiten gelesen. Eine Zahl, die ich im März wohl nicht mehr für möglich gehalten hätte. 44 der 63 Bücher wurden von Autorinnen geschrieben – eine Zahl, die mich wirklich glücklich macht und die den Jahrestrend 2019 erneut bestätigt. Aber auch einige Highlights durfte ich entdecken. Neun insgesamt, die ich euch im folgenden Beitrag etwas genauer vorstellen möchte.



Wurfschatten – Simone Lappert
Vom Ende der Einsamkeit – Benedict Wells
Wir holen alles nach – Martina Borger
Das rote Adressbuch – Sofia Lundberg
Zugvögel – Charlotte McConaghy
Der Gesang der Flusskrebse – Delia Owens
Tiger – Polly Clark
Long Bright River – Liz Moore
Daisy Jones & The Six – Taylor Jenkins Reid


Letztens Jahr stand Simone Lappert mit „Der Sprung“ auf der Liste meiner Jahreshighlights. Auch dieses Jahr ist sie wieder vertreten und ich fiebere regelrecht ihrem nächsten Buch entgegen. „Wurfschatten“ weist gewisse Züge eines Liebesromans auf – doch statt die Beziehung als rettender Anker zu konstruieren, versucht Lappert vielmehr das Leben mit all seinen Facetten und Schwierigkeiten darzustellen. Dabei behandelt Lappert ein wichtiges Thema: Angststörungen und welche Auswirkungen sie auf das Leben haben können. Sehr lesenswert!

Auf meinem SUB liegen mittlerweile einige Bücher, die ich irgendwann einmal unbedingt lesen wollte und dann erstmal vor sich hin verstauben. So auch „Vom Ende der Einsamkeit“ von Benedict Wells. Es gibt wohl kaum eine*n Autor*in, um die man auf Blogs und Instagram so wenig herumkommt. Und auch ich musste feststellen, dass der Hype – der scheinbar gar nicht abreißen möchte – rund um „Vom Ende der Einsamkeit“ vollkommen gerechtfertigt ist. Das Wells schreiben kann, hat er schon oft bewiesen, doch in diesem Roman hat er mir das Herz gebrochen (zumal ich lange Zeit nicht wusste, worauf er letztendlich hinaus möchte) und wenige Seiten später wieder mit seinen Worten zusammengeflickt. Für mich ein absolutes Jahreshighlight, dass ich wohl noch öfters weiterempfehlen werde.
Übrigens: Von Wells erscheint am 24.02.2021 ein neuer Roman: Hard Land.

Noch so ein Buch, dass ich immer wieder auf Social Media gesehen habe und zu dem es kaum negative Rezensionen zu geben scheint. Zwar hatte ich anfangs einige Probleme einen Zugang zu das „Das rote Adressbuch“ von Sofia Lundberg zu finden, doch dranbleiben lohnt sich hier. In „Das rote Adressbuch“ begleiten wir Doris durch die Geschichte des 20 Jahrhunderts und ihrer persönlichen Auf und Abs. Ein sehr emotionaler Plot, der sich in seinem Finale noch einmal steigert – Taschentücher sollten da definitiv bereit liegen!

„Wir holen alles nach“ von Martina Borger hatte ich nicht wirklich auf dem Schirm. Vielmehr ist es mir bei einer Schlendertour durch die Buchhandlung in die Hände gefallen. Damals hätte ich wirklich nicht gedacht, dass es mir so gut gefallen könnte, denn Borger kreiert rund um ein Geheimnis ihren gesamten Plot. Man fliegt regelrecht durch die Seiten und am Ende fiel ich sogar in eine kleine Flaute. Kein Buch fühlte sich so an, als könnte es Elvis und Ellens Geschichte gerecht werden.

Literatur rund um das Thema Tiere und Klimawandel/Artenvielfalt nahmen dieses Jahr eine große Rolle in meinem Lesejahr ein. Neben „Zugvögel“ konnte mich auch „Tiger“ von Polly Clark sehr überzeugen.
So zeigt uns Charlotte McConaghy eine Welt, in der der Klimawandel weit vorangeschritten ist und die Artenvielfalt bereits massiv abgenommen hat. Franny, die Protagonistin, reist den Küstenseeschwalben hinterher, um ihre Flugreise zu untersuchen. Dabei kommen jedoch Abgründe zu Tage, die wir als Leser*innen so wohl kaum erwartet hätten, denn Frannys Beweggründe sind nicht so leicht zu greifen, wie sie anfangs scheinen. Ein dystopischer Roman, der gar nicht so abwegig und weit entfernt scheint.
Auch Polly Clark versucht in ihrem Roman „Tiger“ die Artenvielfalt aufzugreifen. So nimmt sie uns – mittels verschiedener Perspektivenwechsel – in den Lebensraum der sibirischen Tiger. War ich anfangs den Perspektivenwechseln kritisch gegenüber gestellt, musste ich beim Beenden des Buches feststellen, dass damit eine Konstruktion des Plots und ein Plotwist möglich wurde, mit dem man als Leser*in wohl nicht gerechnet hätte. Zudem wird innerhalb des Romans die Liebe der Autorin zu den Tigern immer wieder deutlich – als Leser*in merkt man recht schnell, dass Polly Clark in Sibirien war und sich intensiv mit den Tieren auseinandergesetzt hat. Dadurch wird – neben dem Plot – eine weitere Ebene möglich, die „Tiger“ für mich sehr besonders machte.

Ein besonderes Highlight stellte für mich „Long Bright River“ von Liz Moore dar. Die Thematik, die Moore für ihren Roman gewählt hat, ist aktueller denn je, denn nicht nur in Moores Roman ist Drogensucht ein zentrales Thema, sondern auch im politischen Amerika. Ähnlich zur Handlung nimmt die Todesrate an Drogensüchtigen in den USA immens zu. Die Probleme, die damit einhergehen, versucht Liz Moore in „Long Bright River“ aus Sicht einer Polizistin aufzuarbeiten. Das Besondere ist hierbei, dass Mickeys Schwester ebenfalls drogensüchtig ist und wir als Leser*in somit erfahren können, was dies mit Familien anrichten kann. Zum Handlungsstrang der Drogensucht in Amerika paart sich ein weiterer: Ein Serienmörder der drogenabhängige Prostituierte tötet.

Anders. Mit diesem Wort lässt sich „Daisy Jones & The Six“ von Tyler Jenkins Reid ziemlich treffend beschreiben. Ich würde sogar sagen, dass ich diese Art des Erzählens bisher so noch nicht gelesen habe. In „Daisy Jones & The Six“ wird die Bandgeschichte der namengleichen Band niedergeschrieben. Doch statt einer typischen Biografie wird hier vielmehr mit der Form eines Interviews gearbeitet. Durch diese Erzählweise werden ganz unterschiedliche Sichtweisen auf den Verlauf der Karriere möglich. „Daisy Jones & The Six“ ist eine fiktive Band, doch den Charm der 70er wird auf so gekonnte Weise transportiert, dass man sich als Leser*in immer wieder fragt, ob es die Band nicht doch gab.
„Daisy Jones & The Six“ ist ein Buch, dass seine Leser*innen mit in die 70er nimmt und das Lebensgefühl der damaligen Zeit transportiert. Gerne mehr davon!


Es macht mich etwas glücklich, dass mein Fokus 2020 wieder auf Autorinnen lag. Schön wäre es allerdings, wenn 2021 etwas queerer werden und ich mehr Bücher von BIPoC Autorinnen lesen würde. Da möchte ich 2021 definitiv meinen Horizont erweitern.


Jetzt bleibt mir nur noch eins: Ich wünsche euch einen guten Rutsch und ein hoffentlich positiveres Jahr 2021.
Bleibt gesund!
Eure Isa.

One Comment

  • Zeilentänzerin

    Liebe Isa, zunächst einmal wünsche ich dir ein frohes neues Jahr! Dein Beitrag gefällt mir richtig gut! Ich habe auch großen Respekt davor, wie es in diesem Jahr weitergehen wird und auch was das Zeitgefühl angeht, erging es mir ganz ähnlich wie dir. Im Frühjahr dachte ich, das Jahr würde sich ewig ziehen. Deine Bücher finde ich sehr spannend und einige davon habe ich noch gar nicht gelesen. Ich habe auch einen Beitrag zu meinen Lesehighlights veröffentlicht. Anders als bei dir habe ich in diesem Jahr recht wenig gelesen durch den ganzen Umzugsstress und weil ich meist unmotiviert war aufgrund der Corona-Lage. Das hat sich inzwischen aber glücklicherweise wieder geändert und ich hoffe, 2021 wird auch bei mir wieder lesereicher.

    Liebe Grüße,
    Zeilentänzerin

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert