Belletristik,  Rezension

Ein wenig Leben – Hanya Yanagihara

Letztes Jahr wollte ich es eigentlich anlässlich des #dickesbüchercamps lesen, doch damals fühlte ich mich nicht so recht bereit – kaum ein Buch geht so ein schmerzerfüllter Ruf voraus, wie eben „Ein wenig Leben“ von Hanya Yanagihara. Anfang 2021 wollte ich schauen, was ich im Januar lesen möchte und bin an „Ein wenig Leben“ hängen geblieben – wie sich rückblickend herausstellte, die richtige Entscheidung zum passendsten Zeitpunkt.


Ein wenig Leben
von Hanya Yanagihara
aus dem Englischen übersetzt Stephan Kleiner
erschienen bei Hanser | Piper
Hardcover (28€) | Taschenbuch (16€) | E-Book (14,99€)
960 Seiten


Der Inhalt

Jude, JB, Willem und Malcolm: Vier New Yorker, die sich am College kennengelernt haben. Jude St. Francis, brillant und enigmatisch, ist die charismatische Figur im Zentrum der Gruppe – ein aufopfernd liebender und zugleich innerlich zerbrochener Mensch. Immer tiefer werden die Freunde in Judes dunkle, schmerzhafte Welt hineingesogen, deren Ungeheuer nach und nach hervortreten. „Ein wenig Leben“ ist ein rauschhaftes, mit kaum fasslicher Dringlichkeit erzähltes Epos über Trauma, menschliche Güte und Freundschaft als wahre Liebe.

„Ein wenig Leben“ – ein neues Lieblingsbuch?

In „Ein wenig Leben“ begleiten wir die vier Freunde JB, Malcom, Willem und Jude. Vier Menschen, die kaum unterschiedlicher sein können, aber durch ihre langjährige Freundschaft so eng miteinander verbunden sind. Wir als Leser*innen erleben dabei jedoch nicht nur die freudigen Zeiten der Freundschaft, sondern bekommen von der Autorin vor Augen geführt, welche Auswirkungen sexuelle Gewalt und Misshandlungen auf das gesamte Leben einer betroffenen Person haben kann – welche Probleme, Selbstzweifel, ja sogar Selbstzerstörungstriebe damit einhergehen. Und indem wir hautnah dabei sind, erleben wir so viele unterschiedliche Emotionen, die ich so nicht für möglich gehalten hätte. Ich habe mich seltenst so überfordert und hilflos gefühlt, wie beim Lesen von „Ein wenig Leben“. 
Einerseits möchte ich sagen, dass ihr es unbedingt lesen sollt, wenn ihr es bisher noch nicht getan habt. Aber andererseits schreit alles in mir, euch zu warnen. Ja es ist keine leichte Kost und wir werden als Leser*in häufig die Grenze des Ertragbaren erreichen, doch gleichzeitig schafft die Autorin eine Tiefe, die die hinzugefügten Verletzungen vergessen und das gute darin sehen lässt. Zu sagen, dass „Ein wenig Leben“ emotional wäre, würde der Vielschichtigkeit des Buches nicht gerecht werden. Vielmehr überzeugt Hanya Yanagihara mit einer Detailverliebtheit, die ich selten bei Büchern gesehen haben. Am liebsten würde ich es sofort noch einmal lesen, um die Vielschichtigkeit besser greifen zu können und auf die einzelnen Details, die einem beim ersten Lesen entgehen, zu achten. Obwohl wir erst Januar haben, kann ich jetzt schon sagen, dass „Ein wenig Leben“ ein Jahreshighlight ist – wenn nicht sogar ein Anwärter als Allzeitlieblingsbuch.
Ein sehr beindruckendes Buch! 

Falls ihr überlegen solltet, ob ihr das Buch ebenfalls lesen möchtet und mit gewissen Themen Probleme haben, solltet ihr unbedingt die Trigger (unter der Linie) lesen.

Eure Isa.


TW: suizidale Gedanken, Misshandlung, sexuelle Gewalt, Vergewaltigung , Selbstverletzung

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