Belletristik,  Rezension

Der Defekt – Leona Stahlmann

Neues aus dem Kein & Aber Verlag: „Der Defekt“ von Leona Stahlmann. Ich bin beim Durchblättern der Vorschauen auf „Der Defekt“ aufmerksam geworden und wusste sofort, dass ich es unbedingt lesen möchte. Für mich stand auch sofort fest, dass es nicht auf meinem SUB verschwinden, sondern zeitnah gelesen wird. Seit letzter Woche ist es nun offiziell auf dem Markt und ob ihr es ebenfalls lesen solltet, erfahrt ihr im Folgenden.


Allgemeine Infos zum Buch

Titel: Der Defekt
Autorin: Leona Stahlmann
Verlag: Kein & Aber
Seitenzahl: 272
Preis: Hardcover (22€), E-Book (17,99€)

Zum Inhalt

In dem Sommer, in dem Mina dem achtzehnjährigen Vetko näherkommt, verändert sich für sie alles: Sie merkt, dass sie anders ist als der Rest des Dorfs. Was sich anfühlt wie ein Defekt, ein Fehler im System, wird für Mina bald der Punkt, um den sich ihr Leben dreht. Während Vetko und sie eine Verbindung zwischen Lust und Schmerz herstellen und Vetkos Forderungen immer existenzieller werden, sieht sie sich zusehends vor die Entscheidung gestellt, wie weit sie noch gehen soll. Duldet der Weg, den sie eingeschlagen hat, überhaupt einen Kompromiss?

Meine Meinung

Wer in „Der Defekt“ BDSM und harten Sex alla „Shades of Grey“ erwartet, liegt komplett falsch. Stahlmann fokussiert sich nicht auf die einzelnen Vorgänge und Varianten des BDSM, sondern mit dem Umgang und der sozialen Akzeptanz. Sie ermöglicht ihren LeserInnen ein Blick hinter die Kulissen – in die Köpfe der Menschen. Stahlmann zeigt uns, dass es bis zur Selbstakzeptanz ein weiter Weg ist und das Gefühl anders/falsch zu sein, eine große Rolle spielen kann. Eine entscheidender Aspekt ist hierbei das gesellschaftliche Umfeld:

‚Mina, dein Sex schluckt alles Licht. Mina, dein Sex ist mir zu dunkel, und ich verstehe ihn nicht‘, und damit macht Esra den Unterschied, der Mina eigentlich im Nacken brennt. Den Unterschied zwischen ihr und Mina.

In der zitierten Textstelle wird wohl das größte Probleme des BDSM-Fetischs deutlich: das nicht verstanden werden. Stahlmann webt dieses Problem gekonnt in ihre Handlung ein. Wir als LeserInnen können ihm nicht entliehen. Scheint Mina zu Beginn der Handlung selbst nicht so recht zu verstehen, warum sie so ist und es sogar als ihren persönlichen Defekt betitelt, entwickelt sie sich im Fortgang der Handlung. Gerade diese Charakterentwicklung Minas mochte ich besonders gerne, denn sie war facetten- und vor allem aufschlussreich.

Aber nicht nur das Thema und die Charakterentwicklung Minas scheinen außergewöhnlich, sondern auch Stahlmanns Sprache. Zwar fiel mir der Einstieg extrem schwer, aber das Durchhalten wird mit der Art ihres Erzählens belohnt. Ich mochte es sehr, wie Leona Stahlmann mit sprachlichen Ausdrücken (bspw. Pflanzenmotive) eine Metaebene öffnet, die mich persönlich zunehmend emotional eingenommen haben.
„Der Defekt“ muss man sich erarbeiten. Die Sprache, das Thema, die Umstände – all dies scheint das Lesen zu erschweren. Doch hat man einmal einen gewissen Punkt überwunden, bekommt man mit „Der Defekt“ die Möglichkeiten geboten, in die Psyche einer Menschengruppe zu schauen. Man muss kein Teil der Szene sein, um „Der Defekt“ lesen zu können – vielleicht wirkt es auch grade gut, wenn man von all dem erst einmal wenig versteht.

Ein Buch, dass ich euch (eingeschränkt) empfehlen möchte. Es wird nicht jedem/r gefallen, aber die, die sich gerne mit Sprache auseinandersetzen, werden mit „Der Defekt“ großen Spaß haben.

Eure Isa.

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